Mein Garten im Juli – Tigerschnegel und andere Raubtiere in Feld und Flur

Tigerschnegel, Nacktschnecke
Der Tigerschnegel ist eine Nacktschnecke, die neben welken Pflanzenteilen auch andere Nacktschnecken wie die Spanische Wegschnecke frisst. (Foto © M. Steinberger)

Als ich vorgestern in den Garten gegangen bin, habe ich eine interessant aussehende Nacktschnecke gefunden – zum Glück hatte ich die Kamera dabei, denn ein so schönes Exemplar habe ich bislang noch nicht gesehen.

Normalerweise bin ich kein Fan von Nacktschnecken. Die große Spanische Wegschnecke (Arion vulgaris bzw. Arion lusitanicus) oder die Rote Wegschnecke (Arion rufus) finde ich einfach widerlich, nicht zuletzt, weil sie meine Zucchini und meine beiden Melonenpflanzen ratzeputz kahlgefressen haben.

Und wenn ich sie einsammele, um sie auf das unbebaute Grundstück zu werfen, schleimen sie mich dermaßen voll, daß ich mindestens eine Viertelstunde lang meine Hände mit Seife schrubben muß, um den ekligen Kleb wieder abzubekommen.

Und dann gibt es noch so fiese weißlich-graue Mini-Nacktschnecken, klein aber gemein, die schrecken vor garnichts zurück und rasieren sämtliches Gemüse ab – bislang sind sie für mich noch namenlos. Aber zurück zu meiner Gartenschönheit.

Diese hier ist wirklich beeindruckend – wie ich anschließend herausgefunden habe, handelt es sich um einen Tigerschnegel (Limax maximus). Wie der Arbeitskreis Mollusken NRW berichtet, ist der Tigerschnegel „bei Gelegenheit räuberisch, greift andere Nacktschnecken an und frisst auch an Aas und Kot. Hauptnahrungsquelle sind jedoch Pilze, welke, tote Pflanzenteile und algige oder pilzige Aufwüchse an Totholz und Baumrinden. Die Art hat im Freiland keinerlei Bedeutung als Nutzpflanzenschädling.

Sehr beruhigend – denn an anderen Nacktschnecken und an Kompostmaterial ist mein Garten weit reicher als an Gemüse.

Weinbergschnecke (Foto © M. Steinberger)
Weinbergschnecke (Foto © M. Steinberger)

Weil die Landschaft ja gerade hübsch feucht ist, was Schnecken sehr lieben, waren auch noch etliche andere Exemplare zu bestaunen. Bleistiftshalber eine Weinbergschnecke (Helix pomatia), die übrigens in Deutschland zu den „besonders geschützten“ Arten gehört.

Weinbergschnecken lieben meinen Garten – vielleicht, weil da ein paar Weinstöcke stehen? Die Biester haben übrigens 40.000 Mini-Zähne (soviel zum Thema Raubtier), mit denen sie ebenfalls welke Pflanzen und Algen weiden.

Am schönsten finde ich allerdings die Garten-Schnirkelschnecke (Cepaea hortensis), die war schon zu Kindergartenzeiten ein begehrtes Sammelobjekt und zeitweiliges Freiluft-Zootier.

Was tun gegen Schnecken im Garten?
Wer in einer schneckenreichen Gegend etwas ernten will, kommt leider nicht um das Thema herum, wie man die eifrigen Fresser in Zaum hält. Ein absolutes Tabu sollte aber die chemische Keule sein: Viele Schneckenbekämpfungsmittel sind extrem giftig, das ist weder angemessen (denn auch sie haben eine wichtige Funktion im Öko-Kreislauf), noch sinnvoll (schließlich will man sich ja nicht am eigenen Gemüse vergiften), noch fair gegenüber anderen Lebewesen (Bodenlebewesen und andere Tiere leiden ebenfalls unter den Giften).

Die Umweltberatung aus Österreich hat ein PDF zur ökologischen Schneckenbekämpfung im Gemüsegarten herausgegeben. Wie man die Schnecken mit List, Tücke, Bier & Co davon abhält, alles aufzufressen, was man eigentlich selber mal essen will, wenn es groß ist, das schreibe ich demnächst hier. Bei haus-und-garten-24 gibts auch einen Erfahrungsbericht zu Tigerschnegeln und anderen Schnecken. Issmehrsalat zeigt ebenfalls Tigerschnegel aus dem eigenen Garten.

Die Umweltberatung schildert aber auch die Wirkung der chemischen Keulen, die als Wirkstoffe in verschiedenen Schneckenbekämpfungsmitteln (aka Schneckenkorn) auf dem Markt zu finden sind:

  • Metaldehyd: lässt Schnecken langsam und qualvoll verenden, führt beim Menschen zu Erbrechen, Krämpfen, Durchfall und Atemnot
  • Methiocarb: starkes Nervengift, führt bei leichter Vergiftung zu Kopfschmerzen, Sehstörungen, Übelkeit, Erbrechen; bei schweren Vergiftungen zu Krämpfen,  Atemnot, Zyanose und Lungenödemen, schadet Wasser- und Bodenorganismen sowie Haustieren, schadet Regenwürmern und damit einer der wichtigsten Arten für die Bodenfruchtbarkeit
  • Thiodicarb: starkes Nervengift, Dämpfe können die Augen schwer schädigen. Einatmen oder  Aufnahme durch die Haut kann laut Sicherheitsdatenblatt tödlich sein. Sonstige Wirkunge sind z. B. Schäden von Herz-Kreislauf-System, Nervensystem, Lunge, Augen.
  • Eisen-III-Phosphat: bringt auch geschützte Schneckenarten qualvoll um, scheint aber für den Rest der Welt von der Giftwirkung her relativ unproblematisch zu sein.

Weitere Informationen
Sehr informativ und sehenswert ist Robert Nordsiecks Homepage „Die lebende Welt der Weichtiere“ mit unzähligen tollen Fotos der unterschiedlichsten Landschnecken und Meeresschnecken.

Die Umweltberatung aus Österreich hat ein PDF zur ökologischen Schneckenbekämpfung im Gemüsegarten herausgegeben.

Auch die Stiftung Warentest hat schon über umweltfreundliche und umweltschädliche Schneckenbekämpfung berichtet

Der Verein Tox-Center hat Informationsblätter zu verschiedenen Giftstoffen und deren Wirkung, z. B. Metaldehyd, Methiocarb

Auch die Polarhunde-Nothilfe liefert wissenswerte Infos rund um Pestizide und ihre Wirkung auf Mensch und (Haus-)Tier.

Alan Wood’s Compendium of Pesticide Common Names

Im Wilden Gartenblog kann man das Paarungsverhalten der Tigerschnegel beobachten.

Witzig ist auch das Schneckentagebuch von Gartenspiel.

 

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