Am 5. Mai 2012 wurde in Japan der letzte noch arbeitende Atomreaktor in Japan vom Netz genommen, das Land musste erstmals seit 1970 ganz ohne Kernenergie auskommen – und es funktionierte! Auch nach dem Abschalten des AKW Tomari brach das Stromnetz nicht zusammen. Kraftwerke, die mit fossilen und alternativen Energiequellen arbeiten, füllten die entstehende Versorgungslücke aus. Doch am vergangenen Wochenende (16./17. Juni 2012) gab die japanische Regierung dem Drängen von Wirtschaft und Energiekonzernen nach: Sie genehmigte die Wiederinbetriebnahme zweier Kernreaktoren.
Die Atomkraftgegner reagierten sofort mit einer Großdemonstration vor dem Büro des Japanischen Premiers Yoshihiko Noda, der das Moratorium zur Atomstromnutzung aufgehoben hatte.
Japans Bevölkerung würde wohl lieber auf Atomstrom verzichten
Das Herunterfahren des letzten Atommeilers im Mai war zwar als zeitlich befristet angekündigt worden und erfolgte im festgelegten routinemäßigen Turnus zu Wartungsarbeiten.Doch da seit dem Atomunglück in Fukushima bisher noch keiner der insgesamt 50 arbeitsbereiten Atomreaktoren reaktiviert wurde, hoffte die Bevölkerung, dass in Japan das Thema Atomstrom vorerst erledigt sei.
Bestärkt wurde diese Hoffnung durch die neue gesetzliche Regelung, dass vor der Wiederinbetriebnahme auch die örtlichen Behörden zustimmen müssen. Doch am vergangenen Wochenende wurden diese Hoffnungen zerschlagen.Der öffentlichen Meinung und der Gefahr zum Trotz: AKWs werden wieder eingeschaltet
Die beiden Atommeiler, die nun wieder hochgefahren werden, stehen in der Provinz Fukui und gehören zum Atomkraftwerk Oi. Schon mehrmals gab es aus dieser Region, in der ein Großteil der japanischen Atomkraftwerke zu finden ist, Anträge zur Wiederaufnahme des Betriebes. Bisher vergeblich. Doch am Wochenende gab der Gouverneur der Provinz als erster Vertreter einer örtlichen Gemeinde dem Vorhaben seinen Segen. Die Anlage wurde als sicher eingestuft.
Öffentliche Proteste gab es vorher kaum und die Atomgegner sprechen von Absprachen zwischen den Energiekonzernen, den Regierungsstellen und den Medien, die das Hochkochen der öffentlichen Meinung hier verhindern solle. Umso größer ist nun die Empörung und prompte Demonstrationen zeigen, dass die Bevölkerung das Risiko der AKWs in ihrem erdbebengefährdeten Land nicht auf die leichte Schulter nimmt. Zu spät?
Sommer, Sonne, Energiehunger
Noch vor einem Monat war von einer Neuen Ära der Energiepolitik in Japan die Rede, von der Möglichkeit, zu beweisen, dass es auch ohne Atomstrom geht. Eine bessere Verteilung der Verbrauchsspritzen, der Ausbau herkömmlicher Kraftwerke und die verstärkte Förderung alternativer Energien sollten die japanische Energiewirtschaft auf neue solide und dauerhafte Füße stellen.
Nun ist es das Schreckgespenst der Unterversorgung während der heißen Sommermonate, das über die Angst vor erneuten Atomkatastrophe triumphiert hat: Die Energiekonzerne prophezeiten, dass sie durch den zu erwartenden Anstieg des Energiebedarfs wegen der reichlich stromfressenden Klimaanlagen die Versorgung des Landes nicht mehr gewährleisten könnten. So schwitzt man in Japan wohl lieber aus Sorge um Atomkatastrophen als wegen der Hitze…pm
Weiterführende Informationen
Beitrag aus der Frankfurter Rundschau
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