Bioenergie aus einer Vielfalt blühender Wildpflanzen statt aus Mais-Monokulturen

Das Bundeslandwirtschaftsministerium fördert die Erforschung alternativer Energiepflanzen in über 100 Projekten mit insgesamt 40 Million Euro – unter anderen das Projekt „Energie aus Wildpflanzen“ der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG), das ökologische Wege zur Biogas-Gewinnung sucht.

Auf den Versuchsflächen des LWG-Projektes in Veitshöchheim blüht, duftet, summt und schwirrt es. Im schattigen Pflanzendickicht ruhen – verborgen vor zwei- und vierbeinigen Jägern – Kitze, Rebhühner und Feldhasen.

Im Spätsommer, wenn sie den Schutz der Pflanzen nicht mehr brauchen, wandern Blätter und Stengel in die Biogasanlage und dienen uns Menschen als Energiequelle, erklärte Werner Kuhn von der LWG bei der Projektvorstellung in Veitshöchheim.

Seine Vision: Energie aus Biomasse muss sich ökologisch verträglich erzeugen lassen – ohne intensive landwirtschaftliche Bearbeitung der Böden, ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und zum Wohle von Niederwild und Insekten. Das Projekt wird zeigen, wie wirtschaftlich diese Vision sein kann.

Energiewende mit Hilfe von Bioenergie – aber lieber ohne Monokulturen
Bioenergie leistet einen maßgeblichen Beitrag zum Gelingen der Energiewende. Damit es wegen der wachsenden Bedeutung von Energiepflanzen, insbesondere durch zunehmenden Maisanbau, nicht zu einseitigen Fruchtfolgen auf Deutschlands Äckern kommt, intensiviert der Bund die Förderung von Alternativen.

„Unser Ziel ist es, Pflanzen zu erforschen, die auf Dauer ähnlich effizient sein können wie Mais. Es gibt einige Blüh- und Wildpflanzen, die ökonomisch und ökologisch vielversprechend sind. Hier brauchen wir weitere Erkenntnisse“, sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner beim Besuch eines Versuchsfeldes in Phöben im Landkreis Potsdam-Mittelmark (Brandenburg).

Im Projekt „Energie aus Wildpflanzen“ arbeiten Organisationen aus den Bereichen Landwirtschaft, Jagd und Naturschutz eng zusammen, um nach einer Lösung zu suchen, die dem Klimaschutz ebenso gerecht wird wie dem Naturschutz. Das Projekt wird von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) gefördert und von der LWG geleitet.

Weitere Projektpartner sind die Deutsche Wildtier Stiftung, der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL), der Internationale Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC), der Landesjagdverband Bayern (BJV) und der Saatguthersteller Saaten Zeller.

Energiepflanzen: Auswahl geeigneter Wildsorten
Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau sucht gemeinsam mit dem Saatguthersteller Saaten-Zeller nach Wildpflanzen, die als mehrjährige Energiepflanzen-Mischung angesät werden können. Die Blüh- und Wildpflanzen stellen eine ökonomisch attraktive Alternative zum Mais dar und bieten gleichzeitig Wildtieren vielfältigen Lebensraum.

„Wer Mais für die einzige effektive Energiepflanze hält, der irrt sich. Auch Pflanzen wie Malven, Glockenblumen, Beifuß, Rainfarn, Steinklee und Wegwarte können dazu beitragen, die Erneuerbaren Energien weiter auszubauen. Damit wir diese Blüh- und Wildpflanzen künftig häufiger auf unseren Feldern sehen, haben wir die Forschung im Bereich der Energiepflanzen deutlich verstärkt“, sagte die Bundesministerin.

Die Suche nach den geeigneten Pflanzen gestaltete sich anfangs schwierig, machten die wissenschaftliche Mitarbeiterin der LWG Dr. Birgit Vollrath und die Versuchstechnikerin Antje Werner klar. Von etwa 300 möglichen Pflanzen blieben nur rund 70 geeignete übrig.

„Um die Jungtiere in den Flächen zu schonen und den Bienen und anderen Insekten in einer blütenarmen Zeit Nahrung anzubieten, wählten wir Arten mit einem späten Blühtermin,“ erklärte Vollrath.

Inzwischen stehen an vier Standorten in Deutschland – Güntersleben, Eichenbühl, Bad Zwischenahn und Oldenburg – jeweils rund 80 Versuchsparzellen mit unterschiedlichen Saatgutmischungen.

Die Pflanzen werden zunächst einzeln geerntet, ihr Biomasse-Ertrag gemessen und im Labor der Methan-Ertrag festgestellt. Gleichzeitig prüfen Biologen, welche und wieviele Insekten und andere Tere in diesen Biotopen leben.

In drei bis fünf Jahren werden die Versuchsingenieure der LWG erneut Bilanz ziehen. „Selbst wenn der Versuch ergeben sollte, dass der wirtschaftliche Erfolg hinter dem ökologischen zurücksteht, dass sich mit diesen für Umwelt, Flora und Fauna wertvollen Pflanzungen weniger Biogas als erwartet erzeugen lässt, so stellen sie doch eine interessante alternative Bewirtschaftsform zum Maisanbau dar“, wagt Kuhn eine Prognose für die Zukunft.

Mais dominiert als Energiepflanze – noch
Bioenergie macht in Deutschland bereits heute über zwei Drittel des Aufkommens aller erneuerbaren Energien aus. Im Jahr 2011 wurden auf etwa 2,2 Millionen Hektar Ackerfläche nachwachsende Rohstoffe angebaut. Das entspricht etwa 18 Prozent der gesamten Ackerfläche Deutschlands. Bei den Energiepflanzen zur Biogaserzeugung dominiert nach wie vor der Mais mit rund 80 Prozent.

Um der  Ausweitung des Maisanbaus zur Biogaserzeugung auch politisch entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung 2011 bei der Novelle des EEG einige Änderungen bei der Förderung vorgenommen. Zum einen wurde beschlossen, dass der Mais in der Biogasproduktion nur noch bis 60 Prozent der Masse gefördert wird. Zum anderen wird Strom aus Pflanzen, die ökologisch besonders wertvoll sind, seit der Novelle höher vergütet.

Quellen: BMELV-Pressemeldung, Juli 2012; Pressemeldung der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau, ohne Datum.

Weitere Informationen

Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)
Bioenergie ökologisch optimieren, Blogbeitrag von Björn Lohmann, 7.5.2012
Forschungsprojekt Biomassenkulturen an der Uni Hohenheim, 20.4.2012
Beitrag zum Thema Nachwachsende Rohstoffe auf nachhaltigwirtschaften.net,  2011
Energie Aus Wildpflanzen, 2010

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