„Vanille – Gewürz der Göttin“ ist der Titel eines opulent ausgestatteten Bildbandes über das Gewürz aus der kenntnisreichen und lockeren Feder der renommierten Kochlehrerin und Journalistin Annemarie Wildeisen, erschienen im Schweizer AT-Verlag.
Mit der Geschichte der Vanilleschote, Geschichten rund um das liebliche Gewürz und mehr als 70 Rezepten (von klassisch süß bis unerwartet pikant) stellt die Autorin allerlei Wissens- und Nachkochenswertes um die Vanille vor – ergänzt um Reportagen aus Madagaskar von Toni Kaiser. Die Rezeptfotos von Andreas Fahrni sind eine zusätzliche Augenweide.
Vanille war und ist ein kostbares Gewürz. Braucht es doch ganze drei Jahre sorgfältiger Pflege, bis die Orchidee blüht. Und damit nicht genug: damit sie wirklich die begehrten Vanilleschoten trägt, muss jede Blüte bestäubt werden.
Das Buch berichtet detailliert über Anbau und Herstellung des begehrten Gewürzes: Von den knapp über hundert bekannten Vanillearten werden nur drei als Gewürz angebaut, die Vanilla planifolia, besser bekannt unter dem Namen Bourbon-Vanille, die Vanilla pompona, auch Antillenvanille genannt, die vornehmlich für Kosmetik und Arzneimittel eingesetzt wird, und die Vanilla tahitiensis, die mit ihrem eher blumigen Vanillearoma von manchen noch mehr geschätzt wird als die Bourbon-Vanille.
Die lianenartig rankende Vanille ist ein hochspezialisiertes Gewächs: in ihrer Heimat Mexiko gibt es eine spezielle Bienenart, die sie bestäuben kann, oder Kolibris. Doch außerhalb Mexikos fehlen die Befruchte – hier ist menschliche Hilfe gefragt. Jede einzelne der cremefarbenen Blüten wird von Hand bestäubt. Wenn sich die gelbgrünen, nicht duftenden Schoten entwickeln, müssen sie im richtigen Augenblick gepflückt werden: bevor sie aufplatzen. Dann werden sie in einem langwierigen Prozess fermentiert, um das natürliche Vanillin freizusetzen.
Insgesamt machen über dreißig Duftstoffe das einzigartige Aroma der Vanille aus, der man auch aphrodisierende Eigenschaften nachsagt. Da kommt das synthetische und leicht bittere Vanillin nicht mit, das schon 1875 von deutschen Chemikern aus Gewürznelkenöl destilliert wurde und sich heutzutage aus einem Abfallstoff der Papierfabrikation herstellen lässt: aus Sulfitlauge, die bei der Produktion von Zellstoff anfällt.
Poetische Geschichten, die sich um die Vanille ranken wie etwa das Märchen vom Mädchen Vanilla und dem Jüngling Chocolati verleihen dem Kochbuch Flair. Und leichte wie kompliziertere Gerichte regen zum Nachkochen an. Als Auswahl seien nur genannt: Feigen-Chicorée-Salat mit Vanilledressing, warme Vanillebirnen in der Folie,Vanillestrudel mit Orangensauce, Vanilletrüffel oder Vanillelikör.
Das Rezept für Vanillezwiebelchen verspricht eine köstliche Vorspeise: blanchierte Perlzwiebeln werden in Olivenöl mit frischem Thymian, Vanillemark und frisch gemahlenem schwarzem Pfeffer angeröstet, dann mit braunem Zucker karamellisiert und mit Balsamicoessig abgelöscht – dazu gibt es Parmaschinken.
Das Buch ist ein lesens- und ausprobierenswertes Loblied auf die echte Vanille und ihre Duft- und Geschmackskomposition – die sowohl mit salzig-würzigen als auch süßen Speisen harmonisiert. Die Rezepte mit dem „Gewürz der Göttin“ sind sämtlich mundwässernd, kein Wunder, dass das Buch 2002 von der Historia Gastronomica Helvetica als bestes Schweizer Kochbuch des Jahres ausgezeichnet wurde.
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