Mispel (Mespilus germanica) – alte Obstsorte wiederentdeckt

Mispeln: Kaum jemand weiß noch etwas mit dem Namen und der Frucht anzufangen, obwohl die Mispelfrüchte im Mittelalter begehrt waren und in Klostergärten gezüchtet wurden. Die Echte Mispel (Mespilus germanica) gehört wie so viele essbare Pflanzen zu den Rosengewächsen und ist mit dem Apfel verwandt.

Der Strauch trägt von Mai bis Juni weiße, bis zu fünf Zentimeter große Blüten und eignet sich als Wildobst für den Hausgarten. Erst ab November kann man die bräunlichen, bepelzten Mispelfrüchte ernten, die dann aber noch steinhart sind.

Der Pfälzer Botaniker Hieronymus Bock schreibt in seinem Kräuterbuch von 1546 über die Nespelen, wie er sie nennt:

blüet weiß am end des Aprillen/ etwan im Meien/ ein jede weisse blum aber/ so sich der Mandelblüet vergleichet/ stehen allein/ vast wie die blumen am Quitten baum/ doch von farben weisser/ daraus werden mit der zeit gantz runde grawe öpffelin/ ein jeder mit fünff grüner spitzlin am butzen/ der vergleicht sich einem nabel anzusehen/ werden langsam zeitig/ seind nicht zu essen von wegen jrer rauchheit/ biß das sie weich werden.

Wie für viele Wildfrüchte ist für Mispeln, die man auch unter den Namen Hespeln, Asperln oder Nespeln antreffen kann, der Frost wichtig. Er macht die rohen Früchte genießbar – vorher hart und zusammenziehend, werden sie durch die Kälte teigig-weich und schmecken aromatisch und leicht sauer. Am besten sind sie zu verwenden, wenn das Fruchtfleisch bereits braun wird.

Die walnussgroßen, pektinhaltigen Früchte lassen Marmeladen gut gelieren – neben dem Geschmack ein weiterer Grund, weshalb unsere Vorfahren die von den Römern mitgebrachten Früchte schätzten. Außer Pektin enthalten die Mispeln natürlich Fruchtsäuren, Zucker und Bor.

Wegen des Namens werden die Mispeln manchmal verwechselt – entweder mit den Misteln, einer halbschmarotzenden, nicht genießbaren Pflanze, die gern auf Obstbäumen siedelt, oder mit der Zwergmispel (Cotoneaster).

Mitsummer zeigt ein paar schöne Fotos von Mispelpflanzen. Im Karlsgarten von Aachen sind Mispeln zu finden, der Gartenkunst-Blog zeigt ein schönes Foto einer blühenden Mispel.

Wer plant, selber Mispeln anzubauen, findet in diesem Buch Hilfe:
Helmut Pirc: Wildobst und seltene Obstarten im Hausgarten. Geb, 190 S. Stocker-Verlag 2009. ISBN-13: 978-3702012120

Rezept für Mispelgelee
Die walnussgroßen Mispeln haben ein ganz eigenes Aroma – wer das Glück hat, einen Mispelbaum im Garten oder am Waldrand in greifbarer Nähe zu haben, sollte sich einmal einen besonderen Gelee gönnen.

Für einen leuchtend roten, durchscheinenden Mispelgelee macht man zunächst einen Mispelsaft: Man kocht 1,5 Kilogramm reife, weiche Mispelfrüchte mit zwei Litern Wasser ein bis zwei Stunden über kleiner Flamme, bis das Wasser den Geschmack gut angenommen hat und die Mispeln verkocht sind. Nun seiht man – wie bei Quittengelee auch – den Saft durch ein Tuch ab. So bleibt er schön klar.

In einem großen, flachen Gefäß, vielleicht sogar einer Pfanne mit hohem Rand, kocht man nun den Mispelsaft mit Zucker im Verhältnis 1:0,75. Das wären bei 1000 Millilitern Mispelflüssigkeit also 750 Gramm Zucker.

Jetzt wird es für eine Weile etwas mühsam: Damit der Gelee seine schöne Farbe bekommt, muss er fast eine Stunde lang kochen, immer wieder abgeschäumt und dabei natürlich auch immer schön gerührt werden, damit nichts anbrennt. Und das bis zur Geleeprobe. Dann füllt man den Gelee noch heiß in saubere Gläser.

Wer experimentierfreudig ist, kann ja auch einmal versuchen, aus den Fruchtresten Mispelkonfekt herzustellen. Dazu drückt man die abgeseihten Reste durch ein Sieb oder püriert sie kurz im Mixer. Nun streicht man den Brei dünn auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech und lässt ihn im Ofen bei geringer Hitze durchtrocknen. Den getrockneten Fruchtbrei scheidet man in Stücke, die man nach Belieben z. B. in Zimtzucker wälzt.

Kurz und knapp: Rezept für Mispel-Tarte nach Robert May (1588–1665)
Interessant ist auch ein historisches Rezept aus England: eine Mispel-Tarte aus dem berühmtesten englischen Kochbuch des 17. Jahrhunderts, Robert Mays “The Accomplisht Cook or the Art and Mystery of Cookery” (1660). Die Mengenverhältnisse hat norfolkkitchen getestet… Robert May erlernte seine Kochkünste in Frankreich und praktizierte in England.

Uns so ungefährt lautet das antike Rezept:

Nimm verrottete Mispeln, passiere sie und setze sie aufs Feuer. Würze sie mit Zucker, Zimt, und Ingwer und rühre einige Eigelbe unter und lass es einige Zeit kochen. Dann streiche die Masse auf die Tarte; wenn sie gebacken ist, bestreu sie mit etwas Zucker.

Weitere Informationen
Eine interessante Seite über historische Speisen verrät ein Rezept für so genannten Mispel-Käse (medlar cheese) – kein Käse allerdings, sondern eine gewürzte Fruchtpaste, die in Förmchen gedrückt als dekorative Süßspeise gereicht wurde. historicfood.com hat auch die Mispel-Tarte nachgebacken.

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